Kitchen Stories TWENTYSEVEN
"Das hammer net bestellt", sagt der alte, weißhaarige Mann, viel zu laut, den Leser neben mir, Jamal, etwas aus dem Konzept bringend... Der hört auf zu lesen. Der gut aussehende, sportliche Kellner schaut den Mann und dessen Frau, die sportlich leger mit weißem Stirnband, verdutzt an, weiß nicht so genau, was er dazu sagen soll. Die Szene spielt sich nur wenige Meter vor uns ab, wir halten alle drei inne, schauen gebannt zu, was da passiert. Die Zuschauer_innen glauben, dass das zu unserem Schauspiel dazugehört. Eine Lesung mit dem Team Tuschick und dem Schmerzwach alias Plastabasta wird doch so lustig konzipiert sein und einige Überraschungen bieten, denken sie wohl. Die beiden Senioren sagen, dass sie gerne in Ruhe essen würden - wenn sie das gewusst hätten, hätten sie nichts bestellt und wären gleich weitergezogen. Unmöglich sei das ja. Jamal liest weiter, das Publikum kichert, die beiden Alten lassen sich das Essen einpacken. Eine ungewöhnliche Lesung beginnt, lustig, locker, konzeptlos, ach, was Konzept, braucht kein Mensch. Spontaneität ist gefragt. Die Apfelweinkönigin, Tine Köhl, verwendet das Wort "Arschgeige" genüsslich. Ich hake nach: Woher kommt das Wort "Arschgeige" eigentlich? Sie weiß es nicht, Jamal auch nicht. Aber dafür die Fanny, die es gleich mal auf ihrem Smartphone googled, mir hinlegt. Ich - ja, ausgerechnet ich! - lese vor, was da steht... Leider finde ich die Quelle nicht mehr, aber ich kann euch sagen, dass eine Bedeutung mit Analverkehr zu tun hat, sei dahingestellt, ob mit Mann oder Frau, aber häufiger ersteres. ;-) Naja, die Lesung hatte ja das Motto "Coming Out im Nordend". ;-) Es ist nichts so richtig abgesprochen und trotzdem passt alles zusammen, irgendwie. Es ist unruhig am "Lesepult", wir diskutieren, wir reden durcheinander, wir intervenieren, wir stören die anderen beim Lesen... Den Leuten scheint es zu gefallen. Vielleicht. Manchmal lachen sie, manchmal schmunzeln sie, manchmal reden sie mit...
Ich hatte nun innerhalb eines Jahres 27 Lesungen, in den meisten habe ich aus Plattenbaugefühle gelesen, aber auch andere Texte, manchmal sogar fremde. Es waren ungewöhnliche Orte dabei, eine Bäckerei zum Beispiel, ein Club mit anschließender Party, in einem Schaufenster in Darmstadt, bei einem Jazzbrunch vor dem Büffet und an der Konstablerwache vor dem McDonalds; es waren ungewöhnliche Konstellationen dabei, Prosa trifft Poesie (Özlem Dündar oder Safiye Can als Beispiele), Wortgewalt (Team Tuschick) trifft auf mich ;-). Auch das Publikum war so unterschiedlich es sein kann... Bei jeder dieser Veranstaltungen versuche ich Spaß zu vermitteln, an Büchern, am Lesen, an der Beschäftigung mit der Sprache. Aber ich möchte auch mal kurz von der anderen Seite reden. Bei Lesungen gibt man auch so viel von sich, es kostet Kraft, und nicht zu vergessen dieses ganze Lampenfieber vorher. Das kann einen manchmal fertig machen. Lampenfieber. Es ist notwendig. Man braucht es. Wenn es einem gleichgültig wäre, könnte man keine gute Leistung bringen, niemanden mitreißen, keinen Spaß und keine Inspiration vermitteln. Aber in diesem Peak des Lampenfiebers, das gar nicht kurz vor der Veranstaltung ist, zumindest nicht bei mir, sondern so zwei drei Stunden davor, denkt man sich: oh Mann, warum machst du das, du bist Schriftsteller und möchtest einfach an deinem Arbeitsplatz sitzen und schreiben (eben: in the kitchen) und nicht die Leute bespaßen. Die sollen sich auch zuhause hinsetzen und die Bücher lesen, die ich schreibe. Oder? ;-) Nein, das Lesen vor Publikum gehört dazu. Es kann einem auch viel geben. Aber manchmal kann es auch mental anstrengend sein - wenn man gerade seine Selbstzweifel hat, an seiner Schreibkunst hadert, und dann jemand sagt: Das hammer net bestellt. Mich verunsichert so etwas. Dann verkauft man kein Buch - und schon denkt man sich: Oh Mann, du kannst noch nicht mal schreiben, keine Sau interessiert sich dafür, es ist schlecht... Dass es mir dann doch nicht ganz so fatal ging, lag an Möff (?), der uns zu einer Folgeveranstaltung im Juni eingeladen hat (im Cafe Kurzschluss der FH FRankfurt) - na, dann kann es ja nicht so schlecht gewesen sein. ;-) Trotzdem!
Ich hatte nun innerhalb eines Jahres 27 Lesungen, in den meisten habe ich aus Plattenbaugefühle gelesen, aber auch andere Texte, manchmal sogar fremde. Es waren ungewöhnliche Orte dabei, eine Bäckerei zum Beispiel, ein Club mit anschließender Party, in einem Schaufenster in Darmstadt, bei einem Jazzbrunch vor dem Büffet und an der Konstablerwache vor dem McDonalds; es waren ungewöhnliche Konstellationen dabei, Prosa trifft Poesie (Özlem Dündar oder Safiye Can als Beispiele), Wortgewalt (Team Tuschick) trifft auf mich ;-). Auch das Publikum war so unterschiedlich es sein kann... Bei jeder dieser Veranstaltungen versuche ich Spaß zu vermitteln, an Büchern, am Lesen, an der Beschäftigung mit der Sprache. Aber ich möchte auch mal kurz von der anderen Seite reden. Bei Lesungen gibt man auch so viel von sich, es kostet Kraft, und nicht zu vergessen dieses ganze Lampenfieber vorher. Das kann einen manchmal fertig machen. Lampenfieber. Es ist notwendig. Man braucht es. Wenn es einem gleichgültig wäre, könnte man keine gute Leistung bringen, niemanden mitreißen, keinen Spaß und keine Inspiration vermitteln. Aber in diesem Peak des Lampenfiebers, das gar nicht kurz vor der Veranstaltung ist, zumindest nicht bei mir, sondern so zwei drei Stunden davor, denkt man sich: oh Mann, warum machst du das, du bist Schriftsteller und möchtest einfach an deinem Arbeitsplatz sitzen und schreiben (eben: in the kitchen) und nicht die Leute bespaßen. Die sollen sich auch zuhause hinsetzen und die Bücher lesen, die ich schreibe. Oder? ;-) Nein, das Lesen vor Publikum gehört dazu. Es kann einem auch viel geben. Aber manchmal kann es auch mental anstrengend sein - wenn man gerade seine Selbstzweifel hat, an seiner Schreibkunst hadert, und dann jemand sagt: Das hammer net bestellt. Mich verunsichert so etwas. Dann verkauft man kein Buch - und schon denkt man sich: Oh Mann, du kannst noch nicht mal schreiben, keine Sau interessiert sich dafür, es ist schlecht... Dass es mir dann doch nicht ganz so fatal ging, lag an Möff (?), der uns zu einer Folgeveranstaltung im Juni eingeladen hat (im Cafe Kurzschluss der FH FRankfurt) - na, dann kann es ja nicht so schlecht gewesen sein. ;-) Trotzdem!
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