Hausfrauen- und Studentinnen-TV?
aus: http://www.fashion-insider.de/ |
Jetzt habe ich eine neue Lieblingssendung entdeckt, bei der ich nicht weiß, ob ich eventuell genau die Zielgruppe bin. Ich rede von der Shopping-Queen, die vor ein paar Wochen in die zweite Staffel ging. Die erste war nicht besonders erfolgreich, aber dass die Quote ganz durchschnittlich war, hat dem Sender gereicht. Man dachte, wenn man als Teaser eine Promifolge davor schaltet, in der sich Fiona Erdmann – ja, wer ist das denn? – Natascha Ochsenknecht, Promimutter (genau: Jimi Blue und Wilson Gonzalez), Fernanda Brandao (beste Freundin von Dieter Bohlen) und die Schauspielerin Gerrit Kling (Fernanda: das ist doch ein Männername!) anzicken, dann werden mehr Leute den Nichtprominenten beim Shoppen und Zicken zuschauen wollen. Die Rechnung ging nicht auf, die Quoten für das Promi-Duell waren nicht berauschend (1,34 Millionen der 14- bis 49-jährigen sahen nach dwdl.de zu, der Marktanteil lag demnach im Schnitt bei 6,7 Prozent).
Worum es in der Sendung geht? Fünf Kandidatinnen kleiden sich auf Kosten des Senders neu ein, 500 Euro kriegen sie dafür zur Verfügung. Das Motto ist vorgegeben, das kann „das perfekte Outfit für das erste Date“ sein oder „Wer in ist, ist drin“ (im angesagtesten Club der Stadt) usw., ansonsten dürfen sie ihrem eigenen Geschmack folgen. Die Outfits werden, wie beim Perfekten Dinner, von den Mitbewerberinnen bewertet, die Versuche der Damen, erfolgreich das Motto umzusetzen, werden vom Stardesigner Guido Maria Kretschmer die Woche über lustig kommentiert. Am Ende der Woche wird die Shopping Queen gekürt und da wird dann sein Urteil miteinberechnet. Die Frauen haben noch zwei Beschränkungen: sie dürfen nichts Eigenes tragen und sie haben nur vier Stunden Zeit, sich ein Dress mit Accessoires und Schuhen zu kaufen und sich stylen zu lassen.
Die Sendung läuft werktags um 15.00 Uhr, die Wiederholung um 12.00 Uhr. Wer arbeitet, fällt als Zielgruppe schon einmal heraus, außer vielleicht welche, die halbtags arbeiten, und das sind meist eher Frauen. Hausfrauen haben Zeit, Studenten haben Zeit. Aber wieso sollten männliche Studenten Frauen beim Shoppen zuschauen? Außer sie sind schwul. Aber sonst doch eher die weiblichen, oder? Oder schauen sich Leute wie ich diese Sendung an, die von Zuhause aus arbeiten, als freie Autoren, als Kreative? Bin ich die Zielgruppe?
Die Damen brauchen sehr viel Alkohol, um diese nervliche Anspannung zu überstehen. Sie besuchen sich gegenseitig in der Wohnung und genauso wie beim Perfekten Dinner schauen sie in der Zeit der Abwesenheit bei derjenigen, die gerade schuften muss, in der Wohnung um, natürlich vor allem in die Kleiderschränke und Kommoden der Konkurrentin, aber auch das Mobiliar und die Fotos, die da hängen. Und je nachdem wird da schon kräftig über die fehlende Person hergezogen.
Wo ist also der Unterhaltungswert? Liegt er vielleicht am Casting? Es scheint so, als ob man immer eine „Femme Fatale“ sucht, die dann entweder russischer Herkunft ist und „sexy“ mit „nuttig“ verwechselt oder gleich eine Table-Dancerin. Dann wird eine „Mutti“ benötigt, eher etwas älter, aber total sympathisch und gut gelaunt, eine etwas jüngere Frau, die „cool“ oder „trendy“ ist, ein Assi-Chick, eine „Chaya“ oder „Mandy“, die für die prolligeren Statements zuständig ist, vielleicht eine Business-Frau, der man zutraut strukturiert zu sein und die am Ende die verpeilteste von allen ist – und die meisten Piccolöchen trinkt. Ist die Sendung nur für Leute, die Frauen- und Stylingzeitschriften kaufen oder Fashionblogs lesen?
Umstylingshows oder zumindest Elemente davon gab es schon immer, auch schon im Fernsehgarten (bei Ilona Christen, die 2009 verstarb), bei Gundis Zambo, die wir aus dem Dschungelcamp kennen, beim ZDF gibt es heuer erneut eine solche Show, die samstags läuft (bzw. in ihren Wiederholungen in den Digitalsendern auch an anderen Tangen). Aber es ist nie mit einem Wettkampf kombiniert, nie mit einem besonderen Druck. Vielleicht liegt der Unterhaltungswert darin, dass man diese Situationen so gut kennt und selbst in Stress gerät dabei. Beim Perfekten Dinner, dass Gäste eingeladen sind, man nur eine bestimmte Zeit zur Vorbereitung hat und sie von den Kochkünsten überzeugen möchte (Verwandte bei Familienfesten). Bei der Shopping Queen erinnert das an diese unsäglichen Situationen: Mist, du wirst spontan zu einer Cocktailparty eingeladen, aber was ziehst du an? Jeder kennt deine Cocktailkleider, ist ja peinlich mit einem davon aufzutauchen, ein neues muss her. Oder eine Hochzeit: Mist, der gute Anzug sitzt nicht mehr, was einem natürlich erst am Vortag einfällt, d.h. schnell in die City fahren, sich einen neuen zulegen. Muss dieser Stress jetzt sein? Ja!
Und dann diese Verkäufer_innen, die einem etwas andrehen wollen, genau spüren, dass man gerne schnell durch sein möchte. Oder die Professionellen, die dich davor bewahren, Unpassendes zu kaufen. Vertraute Situationen.
Wem die Sendung etwas vertrauter werden darf: Werktags zwischen 15.00 und 16.00 Uhr auf VOX (Wiederholungen um 12.00 Uhr).
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