ESC in Baku 2012: Euphorische Siegerin

Deutschland darf stolz auf sich sein, worauf mehr, ob auf den sehr sehr guten und verdienten achten Platz des wunderbaren Roman Lob oder auf Anke Engelke, die in ihrer Punktevergabe deutlich und trotzdem charmant eine Ansage an das Aserbaidschanische Regime machte, kann ich gar nicht sagen: "Heute Abend konnte niemand für sein eigenes Land abstimmen. Aber es ist gut, wählen zu können. Und es ist gut, eine Wahl zu haben. Viel Glück auf Deiner Reise, Aserbaidschan! Europa beobachtet Dich! Und hier sind die Ergebnisse der deutschen Jury…". Beides war etwas Besonderes. Roman Lob, der ohne Brimborium und ohne Beats aus den Neunzigern und ohne "Freunde" in Europa in die Top Ten kam. Anke Engelke, die nicht wie die anderen  nur nette Floskeln an Eldar und Co. richtete, sondern ein klares Zeichen setzte: der ESC ist politisch, aber selten wurde das in die Show integriert. Aber vielleicht war auch Deutschland das einzige Land, das sich das getrauen durfte, war doch alles bei diesem ESC genauso aus Deutschland wie aus Aserbaidschan. Wer hätte vor einem Jahrzehnt gedacht, dass die Deutschen so maßgeblich den ESC mitgestalten würden. 


Bild: Stern.de
Selten hat eine Künstlerin den ESC so klar gewonnen wie die Schwedin Loreen, sie bekam am Ende 18 Mal die Höchstpunktzahl 12 und nur die Italiener bedachten sie mit keinem Punkt. Das zeigt auch, dass ein wirklich überzeugendes Lied keine "Freunde" braucht, weil es die Punkte trotzdem erhält. Und das war in den letzten Jahren immer so, bei all dem verständlichen Ärger derjenigen, die nicht gewannen. Eine Ruslana aus der Ukraine hat genauso verdient gewonnen wie unsere Lena, Alexander Rybak hat genauso verdient gewonnen wie eine Marija Serifovic aus Serbien. Von Anfang und wurde Loreen in die Favoritenrolle gedrängt. Peter Urban, der Kommentator des NDR, erinnerte aber daran, dass selten der klare Favorit am Ende den Sieg holen konnte. Dieses Mal also schon. Und es war ein verdienter Sieg. Mir würde kein besserer Auftritt einfallen. Dass die russischen Babuschkis dann doch so weit nach vorne kamen, Platz 2 vor dem viel besseren Zeljko Joksimovic, überraschte mich dann letztendlich doch. Mich begannen die alten Damen zu langweilen. Aber gut. Dass drei der Big Five in die Top Ten kamen, fand ich sehr erfreulich, neben Roman Lob auf Platz 8, schafften es die Italienerin Nina Zilli auf Platz 9 und Pastora Soler aus Spanien auf Platz 10. Nicht so glücklich dürfte Engelbert mit seinem Platz 25 sein, der nicht nur unverdient war, sondern fast schon unverschämt. Ebenso erschüttert war ich über die schlechte Platzierung von Anggun aus Frankreich, aber das passiert beim ESC. Die Dänin Soluna Samay und den Norweger Tooji hat es mit Platz 23 und 26 (letzter!) noch härter getroffen. Beides unverständlich und unerklärlich meiner Ansicht nach. Die beiden haben selbst von ihren Nachbarn nicht viele Punkte erhalten. Ein Wort zu den Zypriotinnen, also die aus Griechenland ging unter: Platz 17, seit vielen Jahren die schlechteste Platzierung, und Ivi Adamou, die ich in die Top 3 getippt hatte, auch nur auf Platz 16. Politik? Schlechte Stimmung gegen die Griechen seit so langer Zeit: Wirkte sich das auf die Stimmabgabe aus? Oder haben die Leute mittlerweile die Schnauze voll von dem Ethno-Pop, mit dem die Hellenen jedes Jahr antreten? Ich kann es mir zwar kaum vorstellen... Überraschungen waren dann die Albanerin und der Este. Wo das herkam, weiß ich tatsächlich nicht und kann es mir kaum erklären. Schön gesungen von Rona Nishliu und Ott Leppland, wirklich, aber die Lieder konnten mich nicht so ganz überzeugen, gingen mir beide etwas auf die Nerven. Aber Geschmäcker sind ja verschieden. Aserbaidschan bekam wohl Gastgeschenke für diesen wunderbaren ESC-Abend, der bombastischer und schicker war als alle anderen zuvor. Die Stefan Raab-Produktionsfirma Brainpool hat das viele Geld super in eine moderne Mega-Show umgesetzt, Kompliment! Der ESC hat bei all den politischen Diskussionen einmal mehr sehr viel Spaß gemacht und ist wieder zu dem geworden, was es einst war. Und auch wieder: Deutschland hatte einen maßgeblichen Anteil daran: Wer hätte das gedacht...

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