Zeitgenössische Lyrik ... vorgestellt von Martin Piekar 7/10
Martin Piekar, 1990 geboren, verfasst Lyrik, Lyrikpreisträger beim 20. Open Mike 2012,
10 Lyrikbände zeitgenössischer Lyriker auszuwählen und vorzustellen fällt einem als Lyrikliebhaber schwer. Weil es NUR 10 sind. Aber trotzdem habe ich, Martin Piekar, mich gewagt. Ich nenne 10 Lyrikbände, möglichst aktuell, die mein Lesen, meine Leseerfahrung, mich im Lauf der Lektüre verändert haben. Da ich keine Rangliste machen möchte, werde ich die Bände nicht nummerieren, sondern ich werde Sternchen setzen.
* Volker Sielaff- Selbstporträt mit Zwerg. Was für ein seltsamer Titel. Das macht nichts, mich lockte es. Ich hörte es auf einer Lesung. Volker Sielaff las u.a. und dann habe ich mir den Band besorgt und heute bin ich sehr dankbar, weil ich sehr kritisch war. Meine Kritik ist heute auch ein Lob. Eher nur Lob. Sielaff würde sich deswegen vielleicht nicht mutig wähnen, aber er scheint es zu sein. Selten erlebte ich einen Gedichtband, der so offen und gekonnt mit Wortmaterial wie z.B. Seele umging. Ein Gedicht trägt den Titel „Mondnacht“ und man denkt sich, dass es etwas Abgenutztes sei, aber Volker Sielaff geht damit so frisch um, dass es für einen ein völlig neues Erlebnis sein kann. Dabei wird es nicht zu Kitsch. Es bleibt herzlich und durchdacht. Früher hat man mir, als noch ich jünger war, allein von dem Wortmaterial abgeraten, umso faszinierter bin ich, wie gut es bei Volker Sielaff klingt, obwohl viele Dichter zu großer Vorsicht raten.
Formel
Manchmal ist dir nach rührseligem Kitsch.
Aber das sind schwache Momente.
Dann wieder Eis, Kantiges,
das Gegenteil von Handwerkskunst.
Zusammengeschnurrt auf diese eine Formel,
was bedeutet das?
Wir sind Eispickel, unser tägliches Klopfen
gegen den Berg. Gestrandete.
Kugelform, Erlösung,
das Kindsein erledigt sich nicht
von selbst.
Mondnacht
Vom Mond belebte Schatten
einer Ladung Nachtfische gleich
und besonders bei Vollmond
Wenn du die Jalousie hochreißt
entwischen sie dir
(das geht schnell, denn es gibt
tiefe Wasser.)
Nachtfische lassen sich einrollen
bis zum nächsten Morgen:
Wenn die Jalousie
herunterkracht sind
sie fort.
Volker Sielaff, Selbstporträt mit Zwerg, Luxbooks, 2012,
Wiesbaden
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