Zeitgenössische Lyrik ... vorgestellt von Martin Piekar 1/10
Martin Piekar, 1990 geboren, verfasst Lyrik, Lyrikpreisträger beim 20. Open Mike 2012
10 Lyrikbände zeitgenössischer Lyriker auszuwählen und vorzustellen fällt einem als Lyrikliebhaber schwer. Weil es NUR 10 sind. Aber trotzdem habe ich, Martin Piekar, mich gewagt. Ich nenne 10 Lyrikbände, möglichst aktuell, die mein Lesen, meine Leseerfahrung, mich im Lauf der Lektüre verändert haben. Da ich keine Rangliste machen möchte, werde ich die Bände nicht nummerieren, sondern ich werde Sternchen setzen.
* 2008 – etwas älter, nicht ganz aktuell aber hervorragend: Mara Genschel mit ihrem Band „Tonbrand Schlaf“. – Das sind Gedichte, die mit der Sprache spielen, aber dabei immer am Geschehen bleiben, also wird mit einer aktiven Sprache gespielt. Hier lotet man nicht nur die Grenzen von Sagbarmöglichem aus, hier wird um- und beschrieben und gleichzeitig: experimentiert.
Zwiebel schnitt sie, Messerblick in Spiegel.
Glück gewiss, gewisses Spiel, gewiss.
Blumenkübel. Ton, Steine, Erde, Erde.
Morgen rollt ein Scherbenkopf. Johannis-
beergezanke, Punks. Sie leckte Blut. Und
Osterglockentopf gegossen gelb liebkost.
Liebkoste sie das Wasserglas, den Kragen
nass gespreizt, den Iro steif; Metall
ins Fleisch gerammt. Sich küssen Narzis-
sen, Narzissen, Narzissen, Narzissen.
Mara Genschel hat ein Gehör für den Ton. Den Ton der Sprache. Ob daher der Tonbrand Schlaf rührt? Die Gedichte haben sehr häufig Reime, Assonanzen, Harmonien und Disharmonien im Klang. Hier lebt Klang und Geschehnis. Als wenn es eine Dramaturgie jedes einzelnen Gedichtes gäbe. Ich weiß es nicht. Was ich aber in den Gedichten sehe, ist eine Art Phänomenologie. Hier werden eben solche Situationen beschrieben, die Intuitiv bekannt scheinen (s.o.) aber es wird doch immer wieder überrascht.
Mara Genschel, Tonbrand Schlaf, Connewitzer Verlagsbuchhandlung Peter Hinke, 2008, Leipzig
Nur ein uns zugänglicher
unzureichender Zauber
langt und laugt uns aus
ein Land
nur meinem Mund
ein schmaler Zaun
zügliches langes Zaudern
spricht uns unzertrennlich.
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