Stationspirat / von Pfaundler

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Stationspiraten. Ein Schweizer Film aus dem Jahr 2010. Um vier bzw. fünf Jungs auf einer Krebs-Station... Publikumserfolg. Zum Weinen, aber auch zum Lachen. Vor Kurzem habe ich ihn mir angeschaut. Für mich war er mehr zum Weinen, ja, tatsächlich ich weinte ganz schön viel. Wieso? Vor zwanzig Jahren war ich der Junge auf der Krebs-Station. Bei mir war es Onkologie der Kinder-Universitätsklinik in Freiburg, von Pfaundler. 20 Jahre. Am 19.7.1992 war der letzte Chemotherapie-Tag: Die letzte Infusion von giftigen Zytostatika, die durch meinen Körper geschossen wurde. 19.7.2012 - 20 Jahre danach. Gesunde Jahre. Der 19.7. damals eine Art Geburtstag. So etwas wie Wiedergeburt oder Neuanfang. Ja, ich hatte mir einiges vorgenommen, einiges. Natürlich konnte ich nicht sofort mein Leben ändern, aber in meinem Bewusstsein hat sich so vieles geändert. Ich dachte: Puh, du bist mit dem Leben davongekommen, jetzt musst du mal bewusster leben, anders leben, deine Ideen, deine Bestimmung leben. Ein halbes Jahr war ich auf der Station gelegen, mit Pausen. Vieles habe ich gelernt. Meine Schüchternheit konnte ich mit der Zeit ablegen, im Gegenteil: Die Leute in der Klinik haben mir dabei geholfen, mich zu öffnen, sie gaben mir Aufträge, die mir ganz viel Neues gebracht haben. Am Ende war ich so daheim dort, dass ich mich auch auf anderen Stationen rumgetrieben habe, um Lebensmittel zu tauschen, weil wir Krebs-Kinder mit dem Essen etwas schwieriger waren als die auf den anderen Stationen - und weil wir mehr Geschenke zum Tauschen bekamen. ;-) Ja, schwieriger waren wir, denn die Geschmacksnerven spielen verrückt, man entwickelt Gelüste. Man riecht anders. Fühlt sich anders. Alles ist anders. Der Körper spielt verrückt. Auf der anderen Seite lernt man seinen Körper kennen, auf ihn zu hören, ihn besser zu spüren. Was man noch alles lernt... Über Blut, Zytostatika, Bestrahlungen, Medikamente, über Menschen in Extremsituationen, über die Psychologie von Menschen, über Gefühle, über Familien und Freunde, über Krankheit und Tod. Das ist jetzt noch nicht so tief hier... am 19.7. habe ich mir viele Gedanken über mein Leben, über meine Zeit damals gemacht, was sich auch alles verändert hat... Aber... Wirklich viele Gedanken, auch sehr tiefe Gedanken, unter der Oberfläche, die habe ich mir die letzten zwanzig Jahre gemacht - ich habe darüber geschrieben. 20 Jahre lang... Wirklich wahr! Ich wollte vor dem 19.7.2012 fertig sein damit. Ich habe es geschafft! Bald könnt ihr das Werk lesen... Bald... Nein, es ist nicht nur traurig. Es ist auch lustig, so wie der Schweizer Film, den ich sah... Ich war auch ein Stationspirat. :-) Aber noch wichtiger: Ich lebe noch! 20 Jahre danach. Ein schönes Jubiläum.

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