Fortsetzungsroman: Moody Blue 18
Μωρε, για παρε με, για παρε με,
στην αγκαλια σου βαλε με,
και οτι θελεις κανεμε.
Mensch, nimm mich, nimm mich,
in deine Arme nehme mich,
und mache, was du willst, mit mir.
Das Telefon klingelte. Ich dachte, am besten ziehe ich den Stecker, es nervt langsam. Es war für Alejandro, sein Freund Christian fragte, ob wir Lust hätten, mit nach Karlsruhe zu gehen, in eine Disco, die „Care“ heißt und in der Mittwoch abends „Gay nights“ stattfinden. Na, Apostoli, gehen wir hin? Ich willigte ein, er sollte uns um halb elf abholen. Bis dahin konnten wir uns noch ein bisschen entspannen, vielleicht mit dem Trinken anfangen, ich hatte Lust darauf, außerdem wäre es dann dort spannender. Wir hörten Musik, Kaoma, die brasilianische Band, die einst mit dem Sommerhit „Lambada“ einen Hit landen konnte.
Alejandro holte eine Vodka-Flasche aus dem Schrank und wir mischten ihn mit kühlem Bitter Lemon, lagen gemütlich auf dem Bett, gutgelaunt, ein bisschen schwitzend. Der Alkohol machte uns noch entspannter, erfrischte unseren Rachen und unsere Stimmung. Mein Süßer trank nicht viel und auch recht selten, ich hingegen konnte einiges vertragen und machte es gerne. Wir waren beide recht bald angeheitert, witzig drauf, vielleicht sogar zu witzig.
Es klingelte. Ich zog mir ein T-Shirt über und rannte hinunter. Tobias. Ich bat ihn herauf und auf dem Weg zu meinem Zimmer entschuldigte er sich erneut bei mir. Er setzte sich zu Alejandro aufs Bett und begrüßte ihn mit Küsschen, das hatte er bisher noch nie getan. Und bisher hatte es auch noch nie eine herzliche Reaktion von Alejandro ihm gegenüber gegeben, der umarmte ihn überraschenderweise. War das der Alkohol? Ich setzte mich zu ihnen. Tobias weinte. Ich nahm ihn in meine Arme, fragte, was er habe. Er fühlte sich so einsam, jetzt da Steff verschwunden war, außerdem habe er das Gefühl, irgendetwas Schlimmes sei passiert und... das, was er letzte Nacht getan hatte, brannte ihm auf der Seele. Was? fragte ich. Nichts! sagte er. Was? Nichts. Er lachte herzlich, mein Engelchen knuffte ihn, sie begannen zu raufen, ich konnte es nicht fassen, aber betrunken, wie ich war, hatte ich Lust mitzumachen, ich stürzte mich auf Tobi. Wir gerieten in einen dionysischen Rausch. Hinterher weiß man nie, wie es dazu kommen konnte. Wir rissen uns die wenigen Kleidungsstücke vom Leib, als wäre es das normalste auf der Welt. In meiner Ekstase fand ich die beiden so attraktiv, die Situation erschien mir so wunderbar, dass ich anfing beiden abwechselnd ihre Schwänze zu küssen und zu lutschen, wir wurden zu einem Knäuel, jeder küsste, berührte, bumste den anderen, wir vergaßen alles um uns herum. Keiner von uns dachte dabei irgendetwas, wir hatten einfach nur unseren Spaß, liebten uns, bereiteten uns wohlige, ekstatische Gefühle.
Wir hörten das Klingeln erst nach zwei Minuten, Alejandro zog sich etwas an, nachdem wir uns voneinander gelöst hatten, rannte hinunter, öffnete Christian die Tür, der dann heraufkam, während wir uns ein wenig zurechtmachten, alle Spuren beseitigten, doch der Besucher merkte es trotzdem, meinte: Alejandro, mein Schatz, hier riecht es nach Sex. Er machte dabei eine fächelnde Bewegung mit seiner rechten Hand. Er gehörte zu den Menschen, die sich tagsüber, während ihrer Arbeit, ganz „normal“ verhielten, aber sobald sie ausgingen, bewegten sie sich affektiert, wackelten mit den Hüften, fuchtelten mit den Armen und Händen, sprachen wie Tunten aus klischeehaften Filmen. Ich mochte dieses Getue nicht. Alejandro und ich verzogen uns ins Bad, um uns frischzumachen und anzuziehen. Danach mischten wir „Korea“ (Rotwein mit Cola) für die Fahrt. Als wir in mein Zimmer zurückkehrten, saß Christian mit heruntergezogener Hose da, Tobias blies ihm einen. Kommt nur herein, sagte der Genießende. Ich war fassungslos, trotz Trunkenheit, ich schüttete einen großen Schluck Vodka-Lemon in mich hinein. Nachdem Christian kam, verzogen sich die zwei ins Bad, um sich frischzumachen. Was ist hier los? fragte ich meinen Liebsten, was tun wir hier alle? Sex, antwortete er und lachte laut los. Er schenkte den Rest des Vodkas und des Bitter Lemon in sein Glas und trank es aus, ich liebe dich mehr denn je, sagte er, und ich war verwirrt.
Jetzt hatten wir alle uns so verhalten wie in meinen Geschichten, ich verstand das nicht. Was war mit Alejandro und mir gewesen? Wir hatten so etwas noch nie gemacht, noch nie! Was war in uns gefahren? Was haben wir gemacht? fragte ich ihn. Er antwortete nicht.
Ich hatte ihn einst gefragt, wie er zu einem flotten Dreier stünde, ich hätte einen Anwärter dafür. Da sagte er, dass ihm das peinlich wäre, nein, so etwas wolle er nicht, das gefiele ihm nicht. Und jetzt hatten wir mit Tobias, den er unsympathisch fand, gefickt. Warum? Die beiden anderen kamen zurück, wir machten uns auf den Weg.
Im Auto schwiegen wir, Christian hatte die Musik zu laut aufgedreht. Er und Tobi, die vorne saßen, lächelten unentwegt. Alejandro schien genauso wie ich nachzudenken. Ich hielt ihm die Hand hin, er drückte sie, fragte dann nach der Flasche, wir betranken uns weiter. Liebst du mich noch immer? fragte ich ihn. Ja. Er küsste mich innig. Ach, die zwei Turteltauben, sagte Christian, fing danach an in das Geträller von Celine Dion einzustimmen. Auch Tobias schaute nach hinten, mit einem kalten Blick, es erschauerte mich, auch meinen Freund durchzuckte es, er zitterte merklich. Das war merkwürdig. Wieso konnte unsere alkoholgeschwängerte gute Laune blitzschnell verschwinden? Wir schluckten weiter den Korea hinunter, es half uns und wir kamen wieder besser drauf. Der Fahrer raste, deswegen waren wir nach einer Dreiviertelstunde schon da, wir parkten und liefen dann zum „Care“. Die Treppe hinunter, Eintrittskarten kaufen, dann hinein ins Vergnügen. Christian passte in diesen Schuppen, in dem so viele affektierte, herausgeputzte, schwule Männer ihre Show abzogen.
Ich schaute mich um, keine hübschen Typen in Aussicht, mir war sowieso nicht mehr danach. Auf einmal drehte sich alles um mich, ich suchte bei meinem Engelchen halt, umarmte ihn, brachte ihn aus dem Gleichgewicht, wir fielen fast um. Vorsichtig drückte er mich nach unten, wir setzen uns auf eine Stufe, die zur Tanzfläche führte. Ich schloss meine Augen, lehnte mich an ihn. Ich liebe dich, ich liebe dich, stammelte ich vor mich hin. Ich weiß, sagte er, und strich mir über den Kopf. Nach einer Weile fragte er mich: Geht es dir besser? Ja. Lass uns an die frische Luft gehen.
Langsam gingen wir nach oben, traten nach draußen, wir liefen ein Stück, wir setzten uns an eine Hausmauer angelehnt, beobachteten die Leute, die ins „Care“ wollten. Was ist vorhin passiert? Was haben wir getan, Alejandro? fragte ich. Wir hatten Sex, meinte er, und er war schön. Was? rutschte es mir empört heraus, was sagst du da? Apostoli, heute Abend haben wir uns einem animalischen, teuflischen Trieb hingegeben, der uns für immer verändern wird, vielleicht war es ein Fehler, dass wir das getan haben, aber andererseits, ach, ich weiß nicht, ich meine, hat es dir nicht gefallen? Doch, natürlich, Engelchen, aber warst du es nicht, der so etwas nie gewollt hatte? Ja, Apostoli, ich war das, aber ich war so betrunken gewesen und er zog mich an und dich genauso, kann man es nicht eine einmalige Gelegenheit nennen, die nicht wiederkehren wird? Vielleicht, sagte ich, aber vorhin – sein Blick? Schatz, er ist böse, das ist sein Geheimnis oder hat zumindest damit zu tun, meinte er, und funkelte mich an. Du hattest gesagt, dass ich kein näheres, intimeres Verhältnis bräuchte, um sein Geheimnis zu erfahren, und jetzt haben wir beide mit ihm geschlafen! Vielleicht musste das sein, Apostoli.
Mein Freund verwirrte mich. Tobias sei böse, sagte er in einem Atemzug mit: vielleicht musste das sein und es war schön. Was sollte ich davon halten? Alejandro, rief ich, meinst du das alles ernst? Ich liebe dich, flüsterte er, und, hatten wir uns nicht geeinigt, dass wir Sex nicht überbewerten? Hattest du nicht dafür gekämpft, mich dazu umgebogen? Du hast recht, sagte ich. Er hatte recht. War es nicht das, was ich mir heimlich gewünscht hatte? War das nicht alles, was mir vorher durch den Kopf gegangen war? Meine ständigen Gedanken über Sex, hatte sich nicht alles so ergeben, wie es mir besser nicht hätte passieren können? Jeder hatte seinen Spaß daran, jeder war befriedigt worden und glücklich. Verbanne den schalen Beigeschmack dieses Ereignisses! Der böse Blick blieb mir schwer im Gedächtnis.
Gehen wir wieder hinein, forderte Alejandro mich auf. Unten suchten wir vergeblich die beiden anderen. Sie waren nirgends. Ich musste mal, machte mich daher auf den Weg zur Toilette, ein alter Knacker laberte mich an, verpiss dich, zischte ich ihn an, öffnete die Tür, ich wollte in die einzige Kabine, aber die schien besetzt, ich klopfte. Kommen gleich heraus, tönte eine mir bekannte Stimme. Christian. Ich wartete am Waschbecken, vor dem Spiegel, zwei Jungs unterhielten sich angeregt. Na, Süßer, willst du heute Nacht bei uns schlafen? fragte einer der beiden. Eigenartig, die letzten Male, die ich in dieser Disco verbrachte, hatte mich niemand angesprochen und jetzt gleich zwei Typen hintereinander. Strahlte ich neuerdings eine anregende Geilheit aus? Die Kabinentür ging auf, Christian und Tobias rauschten an mir vorbei, beide schauten mich bitterböse an. Was hatte ich denn getan? Irgendetwas stimmte mit ihnen nicht. Ihr Blick war nicht nur böse, er war regelrecht teuflisch. Das machte mich stutzig. Was ging in meinem Leben vor sich?
Nachdem ich mich erleichtert hatte, lief ich wieder zurück zu meinem Freund, der sich die anderen Jungs anschaute. Ich fragte ihn, ob er tanzen wolle. Klar. Und so bewegten wir uns zu Dance-Floor-Hits, immer die anderen Tänzer beobachtend, die sich schamlos räkelten. Ein Mann, den ich sehr eklig fand, zog einen hübschen Farbigen das T-Shirt hoch und küsste ihn auf Bauch und Brust. Ein anderer griff seinem Freund in den Schritt. Auch ich kam Alejandro näher, ließ ihn nicht mehr aus den Augen. Früher sagte ich ihm oft, er solle mir ein bisschen Freiheit geben, ich möge es nicht, wenn er dauernd um mich herum streune. Vielleicht um mich umzugucken, hübsche Jungs zu beobachten. Er kam näher, küsste mich innig. So etwas machten wir sonst nie in der Öffentlichkeit. Der Kuss schmeckte nach Vertrauen, Zärtlichkeit und Liebe. Wir schienen nicht in Gefahr zu sein. Ich sah uns in der verspiegelten Wand am Rande der Tanzfläche, ein glückliches Paar. Doch hinter uns ragten zwei Körper hervor, die besonders erleuchteten. Tobias und Christian, die sich küssten und befummelten. Pah! Wie hatte ich annehmen können, dass Tobias in mich verliebt sei! Der wollte nur seine Triebe befriedigen! Und Christian war hübsch, sehr hübsch. Christian könnte Model sein. Ich hatte selten so lange getanzt, ich hatte mein Hemd völlig nassgeschwitzt, es klebte an meinem Körper, ich brauchte eine Pause, ich fragte meinen Herzallerliebsten, ob er mit an die Tankstelle komme.
In solchen Discos musste man immer viel zu viel Geld ausgeben, wenn man trinken wollte, und die Tankstelle lag günstigerweise in der Nähe, um die Ecke sozusagen. Wir kauften uns eine Flasche Spezi, gingen zu unserem alten Platz. Wir schwiegen. Zwei Jungs, vielleicht siebzehn setzen sich neben uns. Kriege ich nen Schluck? fragte der eine. Ich reichte ihm die Flasche. Der andere schaute mich an. Dort um die Ecke ist eine Tanke, sagte ich. Echt, sagte der andere, und gab mir die Flasche zurück. Ihr seid wohl nicht aus Karlsruhe? fragte ich sie. Wir sind aus Eppingen, antwortete der Hübschere, heute war unser letzter Schultag und wir wollten unsere Ferien auf besondere Weise beginnen, wir waren noch nie hier. Seid ihr zusammen? fragte ich sie. Sie schauten sich an, lächelten, sagten einstimmig, nein.
Der eine hatte blonde Haare, blaue Augen, Sommersprossen, war schmächtig gebaut und hatte einen verwirrten Blick. Der andere war größer, gutgebaut, hatte braune Augen und Haare, sah ein bisschen gestylter, aufgemotzter aus. Sie schienen sich gut zu kennen. Sondern? hakte ich nach. Beste Freunde, antwortete der schöne Dunkelhaarige, wir haben schon im Sandkasten miteinander gespielt, wir sind wie Brüder. Wir holen uns geschwind etwas an der Tanke, wartet ihr hier auf uns? sagte der Blonde, der Jonas hieß. Ja, bis gleich, antwortete Alejandro lächelnd. Versuchen die uns anzubaggern? fragte er mich, als sie sich ein Stückchen von uns entfernt hatten. Keine Ahnung, meinte ich, wäre auf jeden Fall witzig, oder? Schon. Die beiden Jungs kamen bald wieder, mit einer Flasche „Feigling“ beladen, sie setzten sich zu uns, wir tranken und unterhielten uns nett miteinander. Sie hatten gewusst, dass wir zusammen sind, das störte sie nicht, sie mochten uns, wir mochten sie; wir amüsierten uns.
Als wir die Flasche geleert hatten, gingen wir zu viert zurück in die Disco, sie besorgten sich einen Zettel und einen Kugelschreiber, und der Braunhaarige, Steve, schrieb sich unsere Adresse in Karlsruhe auf. Ab September könnt ihr uns hier jederzeit besuchen, lud ich sie ein. Ich schaute auf die Uhr. Schon halb drei. Zeit zu gehen, fand ich. Wir liefen zu Christian, fragten ihn, wann er fahren wolle. Ach, von mir aus gleich, antwortete er. Gut. Wir verabschiedeten uns von Jonas und Steve und gingen mit Tobi und Christian zum Parkplatz, wir setzten uns ins Auto, der Fahrer drehte den Zundschlüssel, nichts passierte, das Auto sprang einfach nicht an. Minutenlang probierten wir es mit allen Mitteln, es ließ sich nicht starten, machte nur seltsame Geräusche.
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