Fortsetzungsroman: Moody Blue 9
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09/fortsetzungsroman-moody-blue-8.html
Früher hattest du mehr Muskeln, sagte er, meinen Oberkörper betrachtend. Früher trieb ich auch mehr Sport, damals, als ich ein junger Gott war, sagte ich. Ach, komm, meinte er, du bist noch immer ein junger Gott, schau mich an, mir fallen die Haare aus, mein Bauch schwabbelt... – ist ja gut, unterbrach ich ihn. Nein, nein, sagte er, das ist alles kein Problem mehr, ich fühle mich wieder jung. Oh nein, wir waren erst vierundzwanzig und führten eine solche Unterhaltung. Und oh nein, oh nein, oh nein, hatte er sich etwa in dieses Mädchen verliebt? Mir schwante Böses.
Hat es mit Stefanie zu tun? fragte ich unbehaglich. Ja, ja, ja, antwortete er überschwänglich. Was sollte ich nun dazu sagen?! Sie ist ein wunderschönes, spritziges Mädchen, mein Jungbrunnen, ich liebe sie – Entschuldige einmal, stoppte ich erneut seinen Redeschwall, du hast gerade einmal drei Stunden mit ihr verbracht, mit ihr gesoffen und gepoppt... Es waren mindestens zehn Stunden, schrie er fast, und könntest du mal bitte das Fenster öffnen, hier drinnen mieft es. Ich stand noch immer. Ich öffnete das Fenster, setzte mich dann auf das Bett neben Levent. Du warst noch bei ihr? Ja, bis eben, Apostoli, wir haben die ganze Zeit geredet, ich fand es wunderschön, ich fühle mich wie ein Teenie. Nun blieb mir die Spucke weg. Ich erkannte meinen schwermütigen Freund nicht mehr wieder, der mir erst vor wenigen Tagen erzählt hatte, dass er keine echten, tiefen Empfindungen mehr haben könnte. So hatte ich ihn noch nie gesehen.
Seine Freundin hatte er bereits lange gekannt, bevor sie zusammenkamen, sie waren beste Freunde gewesen, die sich alles erzählten, damals noch zwei-drei gemeinsame gute Freunde besaßen, eine Clique darstellten; eines Tages gingen sie am Rhein spazieren- da! Wieder ein Spaziergang, noch dazu am Rhein, wie bezeichnend!-, setzten sich auf eine Bank und plötzlich küssten sie sich. Das war der Anfang. Für ihre Clique der Anfang vom Ende, langsam zerbröckelte sie. Erst viel zu spät erkannte Levent, woran das lag. Sie hatten diese Verbindung durch dieses Zusammenkommen gesprengt, die Spannungen wurden zu groß. Eine Gruppe ist ein sensibles System, jeder in der Gruppe bekleidet eine Funktion, wenn dies reibungslos klappt, geht es auch mit der Gruppe gut, verändern sich die Funktionen, verändert sich die Gruppe, meistens funktioniert sie dann nicht mehr. So stellte es sich bei ihnen dar. Da war nichts zu machen. Levent bereute diesen Ausgang, vielleicht gab er seiner Freundin unbewusst die Schuld daran, denn er versuchte ja – in seinen Augen – alles, um die Clique vor dem Ruin zu bewahren. Dem unvermeidlichen. Er wirkte damals nicht sehr verliebt oder so, nein, es schien eher, dass es einfach gut passte, seine Jungfräulichkeit konnte nun ad acta gelegt werden, seine Freundin würde ihn knuddeln, wenn er sich wehrlos vorkam, sie könnte ihm in seinem schweren Leben stützen. Ansonsten hatte er sich zwar in Mädchen verkuckt, aber nie ernsthaft verliebt, so dass er wild von ihnen schwärmte.
In Liebesratgebern steht: man solle nicht verzweifelt nach einer Liebe suchen, man solle aber sein Herz öffnen, es bereit machen, dass es die Liebe zulässt, wenn es sie trifft, alles andere passiere dann von selbst. So wie gestern Abend? Merkwürdig, sagte ich. Was? fragte Levent und ich sagte: nichts! und dachte an Tobias und Julian. Ich liebe sie, versuchte er mich zu überzeugen, ich weiß, das alles ging sehr schnell, aber ich bin mir bereits sicher. War der ekstatische Sex daran Schuld? fragte ich mich, konnte seine Freundin ihn nicht so gut befriedigen wie die andere? Wieder mein ewiges Thema: der Sex. Aber es drängte sich mir so sehr auf. Stefanie ist praktisch sein zweites Sex-Abenteuer in seinem Leben. Hätte ich doch vor ihr zugegriffen! kam es mir in den Sinn. Allerdings wollte ich das gar nicht wirklich, nicht mit diesem Jungbrunnen Levent, der mir doch reichlich teeniemäßig daherkam heute Morgen. Wahrscheinlich lag es am fehlenden Schlaf, folgerte ich. Bist du nicht sehr müde? fragte ich ihn. Doch, antwortete er, kann ich nicht hier schlafen? Ich bin gerade so müde, dass ich keinen Bock habe nach Hause zu laufen. Ach, schlaf einfach! erwiderte ich. Er schlummerte sofort ein, als er sich in mein Bett legte...
Ich ging in die Küche, schaute auf die Uhr, elf! So früh! Nun war ich wach, hatte sowieso keine Lust mehr zu schlafen. Es klingelte wieder. Ich lief erneut die Treppe hinunter, öffnete. Ein wunderhübscher Jüngling trat ein: ein brauner, engelslöcklicher Haarschopf, wunderbare braune Augen, die einen ganz warm ums Herz werden lassen, wenn man in sie hineinschaut, rosige, goldige Wangen, die seinem statuenhaften Antlitz Leben schenkten, sein Körper eines Adonis bewegte sich grazil die Treppen hinauf, seine wohlgeformten Beine, sein knackiges Hinterteil, luden mich zu einem appetitlichen Happen ein – habe ich nun genug Schmalziges, Übertriebenes, Schmeichelndes über diese Schönheit von mir gegeben.
Ich sprach übrigens von meinem Freund. Meinem liebsten Südamerikaner. Meinem Brasileiro, der kein Brasilianisches Portugiesisch beherrschte. Sein Vater hatte es erfolgreich verhindert. Welch Verschwendung von Möglichkeiten in einer binationalen Ehe!
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Früher hattest du mehr Muskeln, sagte er, meinen Oberkörper betrachtend. Früher trieb ich auch mehr Sport, damals, als ich ein junger Gott war, sagte ich. Ach, komm, meinte er, du bist noch immer ein junger Gott, schau mich an, mir fallen die Haare aus, mein Bauch schwabbelt... – ist ja gut, unterbrach ich ihn. Nein, nein, sagte er, das ist alles kein Problem mehr, ich fühle mich wieder jung. Oh nein, wir waren erst vierundzwanzig und führten eine solche Unterhaltung. Und oh nein, oh nein, oh nein, hatte er sich etwa in dieses Mädchen verliebt? Mir schwante Böses.
Hat es mit Stefanie zu tun? fragte ich unbehaglich. Ja, ja, ja, antwortete er überschwänglich. Was sollte ich nun dazu sagen?! Sie ist ein wunderschönes, spritziges Mädchen, mein Jungbrunnen, ich liebe sie – Entschuldige einmal, stoppte ich erneut seinen Redeschwall, du hast gerade einmal drei Stunden mit ihr verbracht, mit ihr gesoffen und gepoppt... Es waren mindestens zehn Stunden, schrie er fast, und könntest du mal bitte das Fenster öffnen, hier drinnen mieft es. Ich stand noch immer. Ich öffnete das Fenster, setzte mich dann auf das Bett neben Levent. Du warst noch bei ihr? Ja, bis eben, Apostoli, wir haben die ganze Zeit geredet, ich fand es wunderschön, ich fühle mich wie ein Teenie. Nun blieb mir die Spucke weg. Ich erkannte meinen schwermütigen Freund nicht mehr wieder, der mir erst vor wenigen Tagen erzählt hatte, dass er keine echten, tiefen Empfindungen mehr haben könnte. So hatte ich ihn noch nie gesehen.
Seine Freundin hatte er bereits lange gekannt, bevor sie zusammenkamen, sie waren beste Freunde gewesen, die sich alles erzählten, damals noch zwei-drei gemeinsame gute Freunde besaßen, eine Clique darstellten; eines Tages gingen sie am Rhein spazieren- da! Wieder ein Spaziergang, noch dazu am Rhein, wie bezeichnend!-, setzten sich auf eine Bank und plötzlich küssten sie sich. Das war der Anfang. Für ihre Clique der Anfang vom Ende, langsam zerbröckelte sie. Erst viel zu spät erkannte Levent, woran das lag. Sie hatten diese Verbindung durch dieses Zusammenkommen gesprengt, die Spannungen wurden zu groß. Eine Gruppe ist ein sensibles System, jeder in der Gruppe bekleidet eine Funktion, wenn dies reibungslos klappt, geht es auch mit der Gruppe gut, verändern sich die Funktionen, verändert sich die Gruppe, meistens funktioniert sie dann nicht mehr. So stellte es sich bei ihnen dar. Da war nichts zu machen. Levent bereute diesen Ausgang, vielleicht gab er seiner Freundin unbewusst die Schuld daran, denn er versuchte ja – in seinen Augen – alles, um die Clique vor dem Ruin zu bewahren. Dem unvermeidlichen. Er wirkte damals nicht sehr verliebt oder so, nein, es schien eher, dass es einfach gut passte, seine Jungfräulichkeit konnte nun ad acta gelegt werden, seine Freundin würde ihn knuddeln, wenn er sich wehrlos vorkam, sie könnte ihm in seinem schweren Leben stützen. Ansonsten hatte er sich zwar in Mädchen verkuckt, aber nie ernsthaft verliebt, so dass er wild von ihnen schwärmte.
In Liebesratgebern steht: man solle nicht verzweifelt nach einer Liebe suchen, man solle aber sein Herz öffnen, es bereit machen, dass es die Liebe zulässt, wenn es sie trifft, alles andere passiere dann von selbst. So wie gestern Abend? Merkwürdig, sagte ich. Was? fragte Levent und ich sagte: nichts! und dachte an Tobias und Julian. Ich liebe sie, versuchte er mich zu überzeugen, ich weiß, das alles ging sehr schnell, aber ich bin mir bereits sicher. War der ekstatische Sex daran Schuld? fragte ich mich, konnte seine Freundin ihn nicht so gut befriedigen wie die andere? Wieder mein ewiges Thema: der Sex. Aber es drängte sich mir so sehr auf. Stefanie ist praktisch sein zweites Sex-Abenteuer in seinem Leben. Hätte ich doch vor ihr zugegriffen! kam es mir in den Sinn. Allerdings wollte ich das gar nicht wirklich, nicht mit diesem Jungbrunnen Levent, der mir doch reichlich teeniemäßig daherkam heute Morgen. Wahrscheinlich lag es am fehlenden Schlaf, folgerte ich. Bist du nicht sehr müde? fragte ich ihn. Doch, antwortete er, kann ich nicht hier schlafen? Ich bin gerade so müde, dass ich keinen Bock habe nach Hause zu laufen. Ach, schlaf einfach! erwiderte ich. Er schlummerte sofort ein, als er sich in mein Bett legte...
Ich ging in die Küche, schaute auf die Uhr, elf! So früh! Nun war ich wach, hatte sowieso keine Lust mehr zu schlafen. Es klingelte wieder. Ich lief erneut die Treppe hinunter, öffnete. Ein wunderhübscher Jüngling trat ein: ein brauner, engelslöcklicher Haarschopf, wunderbare braune Augen, die einen ganz warm ums Herz werden lassen, wenn man in sie hineinschaut, rosige, goldige Wangen, die seinem statuenhaften Antlitz Leben schenkten, sein Körper eines Adonis bewegte sich grazil die Treppen hinauf, seine wohlgeformten Beine, sein knackiges Hinterteil, luden mich zu einem appetitlichen Happen ein – habe ich nun genug Schmalziges, Übertriebenes, Schmeichelndes über diese Schönheit von mir gegeben.
Ich sprach übrigens von meinem Freund. Meinem liebsten Südamerikaner. Meinem Brasileiro, der kein Brasilianisches Portugiesisch beherrschte. Sein Vater hatte es erfolgreich verhindert. Welch Verschwendung von Möglichkeiten in einer binationalen Ehe!
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