Die verlorene Kultur - Geflüchtete präsentieren

Syrische Dabke-Tänzer/innen plus Deutsche Verstärkung
"Die verlorene Kultur - Geflüchtete präsentieren" - so lautet ein Projekt des Frankfurter Zukunftsrates in Kooperation mit dem Frankfurter Kultur Komitee. Alle Künstler/innen, die bei diesem Projekt teilnahmen und teilnehmen, sind in den letzten zwei Jahren hier in unserer Umgebung angekommen. Sie zeigen, was die arabische bzw. persische Kultur alles zu bieten hat und bereichern damit Frankfurt ein Wochenende lang. 
Für mich wurden diese paar Stunden am Samstag nachmittag und am Abend zu einem ganz besonderen emotionalen Erlebnis: Freude, Trauer, Melancholie, Verstörung, Wut, Angst und viele andere Gefühle sausten durch meinen Körper. Ich bin ein sehr sensitiver Mensch und nahm einerseits all dies bei meinen neuen Freund/innen wahr und fühlte es mit, durchlitt aber ebenso die Geschichte meiner Elterngeneration die der Gastarbeiter, noch einmal, ihr Ankommen in Deutschland, ihre Sehnsüchte, ihre Wünsche, ihre Ängste und Traumata. 
Ich begeisterte mich für den syrischen Dabke, den ich zuvor nur aus YouTube kannte, der aber auch dem griechischen und türkischen Tanz so ähnlich ist. Als ich mich dazu bewegte, fühlte ich mich in meine Kindheit und Jugend zurückversetzt, fühlte Melancholie und Freude. Als sich mir einzelne Mitglieder von Schams beim Tanzen näher kamen, fühlte ich eine ganz neue Art der Annäherung, die nichts mit Verführung, sondern Kennenlernen über das Tanzen zu tun hatte, über Einverständnis, Offenheit, Willkommenheißen - und zwar in beide Richtungen. 
Als ich beim Theater zuschaute, verstand ich merkwürdigerweise alles, obwohl es so viele Dinge waren, die mich kaum betrafen, aber es waren Emotionen im Raum, eine Intensität in diesem Gallus Theater, wie ich das noch nie erlebt habe. Es wurde geschnieft, es wurde wütend reingerufen, ich spürte Widerspruch, man spürte die Angst und die Trauer. Ich spürte die Traumata der Schauspieler/innen, aber auch die der Zuschauer/innen. Ich spürte, was diese wunderbaren Menschen noch alles verarbeiten müssen und wie unsagbar schwer das ist. Als ein Schauspieler in seiner Rolle sagte, dass er ebenso Opfer sei (er hatte in einer früheren Szene als Täter agiert, floh dann ebenso vor dem Regime), kam deutlich der Widerspruch, nicht nur auf der Bühne, sondern aus dem Publikum. Viele waren nicht zufrieden, sagten: du bist kein Opfer, wie kannst du uns, den wahren Opfern, das sagen, wie kannst du dich auf unsere Stufe stellen, schäm dich!
Eine wunderschöne Kooperation gingen auch der schöne Vahid Behroz aus dem Iran und die zauberhafte Yara Bilto aus Syrien ein, die gemeinsam spielten und sangen. Cahid mit soooo viel Gefühl, Yara mit so viel Zartheit. Arabisch ist, so stellte ich erneut fest, eine Singsprache. Sie sollte am besten immer gesungen werden. Und in Vahid habe ich mich etwas verliebt - genauso wie in einen der Schams Theaterspieler. :-D
Parwiz Rahimis Ausstellung heißt "Smile Afghanistan" und sie ging leider etwas unter in dem ganzen Chaos und Trubel eines Festes. Doch auch diese Bilder rufen ganz besondere Emotionen hervor, die bei mir zwischen Melancholie und Freude wechselten.
Am Ende des Abends war ich müde, aber auch schrecklich dankbar über dieses Projekt - und über die wunderbaren Menschen, die ich ständig kennenlernen darf. 




Yara aus Syrien singt mit Vahid aus dem Iran
Die Theatergruppe Schams mit sehr kritischem Theaterstück







Theaterleute der Gruppe Schams haben die Musikbühne übernommen und singen traditionelle syrische Lieder
Foto-Vernissage von Parwiz Rahimi

Und dann begannen wir alle zu tanzen, erst die Syrer - und danach wir anderen.

Smile Afghanistan von Parwiz Rahimi

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