Besuch
So, nachdem ich gestern im http://stancerblog.blog.de/ bei Carsten einen Gast-Auftritt hatte: http://stancerblog.blog.de/2010/12/07/schmerzwach-pimmel-zeigen-10138252/, habe ich mir heute seinen bereits im August erschienenen Post "Besuch" ausgesucht. Wieso? Weil ich ihn ultra-witzig finde und ... weil... ich mich wiedererkenne darin. ;-) Aber seht selbst! Viel Spaß wünsche ich euch dabei!
„Besuch ist etwas Wunderbares, zum einen wenn er kommt, zum anderen,  wenn er wieder geht.“ Ich weiß nicht, von wem dieser kluge Satz stammt,  jedenfalls birgt er viel Wahrheit in sich, vor allem der zweite  Teilsatz. Sagen Sie es bitte nicht weiter, aber im Grunde meines Herzens  mag ich keinen Besuch, weder in aktiver noch in passiver Form, sprich,  weder nehme ich anderer Leute Gastfreundschaft gerne länger in Anspruch,  noch verfüge ich selbst über eine ausgeprägte solche.
Im Gegensatz zu meinem Nachbarn, der augenscheinlich an Einsamkeit  verdorrte, hätte er nicht fast allabendlich Gäste um sich, genieße ich  die Ungestörtheit innerhalb der eigenen vier Wände außerordentlich. Der  eigene Kühlschrank, das eigene Bett, das eigene Klo; zudem niemand, den  ich mit Speisen und Getränken versorgen oder mit dem ich Konversation  halten muss zu Themen, die mich, sagen wir mal, nur mittelbar  interessieren (Fußball, Haustiere, sein neues Auto, um nur einige zu  nennen).
Dabei haben aktive Besuche gegenüber passiven einen Vorteil: Man  kann gehen, wenn es reicht, meistens jedenfalls, wohingegen man dem  Sitz- oder (je nach Anlass) Liegefleisch seines Gastes oft machtlos  gegenüber steht / sitzt / liegt, so sehr man auch gähnt oder  auffällig-unauffällig auf die Uhr schaut, woraus dann folgender Dialog  erwachsen kann:
Ich:         (auf die Uhr schauend, gähnend)
Gast: Musst du morgen früh raus?
Ich: Ja, gegen sechs.
Gast: hm... (eine bequemere Sitzposition einnehmend)
Ich: Noch ein Bier?
Gast: Gerne, eins geht wohl noch.
Ich: (siehe oben)
Gast: Musst du morgen früh raus?
Ich: Ja, gegen sechs.
Gast: hm... (eine bequemere Sitzposition einnehmend)
Ich: Noch ein Bier?
Gast: Gerne, eins geht wohl noch.
Ich: (siehe oben)
Besonders unlieb sind mir Übernachtungsbesuche: Als Gast kann ich  eben nicht gehen, wenn es an der Zeit ist, gegen fremde Betten und Bäder  habe ich eine natürliche Abneigung, und ich weiß nie, wie ich mich  morgens verhalten soll, wenn ich schon wach bin und aufstehen möchte,  vom Gastgeber aber noch kein Mucks zu vernehmen ist. - Schlimmer noch in  der Rolle des Gastgebers: meine ganze Aufmerksamkeit muss ich anderen  Menschen widmen, die sich in meiner Wohnung aufhalten und die meinen  gewohnten Tages- und Nachtablauf durcheinander bringen.
Eine besonders perfide Erscheinung häuslicher Störung stellt der  spontane, nicht angekündigte Besuch dar. Sonntagnachmittag, draußen ist  es kalt, den ganzen Tag schon regnet es, die Stube ist warm, du hast es  dir mit einem Buch oder einer DVD gemütlich gemacht, dazu eine Kanne  Tee, alles ist gut. So lange, bis das Telefon klingelt und du den Fehler  machst, dranzugehen. „Ich bin‘s, wollte nur hören ob du zu Hause bist,  wir sind gerade in der Nähe und wollten fragen, ob wir gleich mal auf  einen Sprung vorbeikommen können, in zehn Minuten sind wir da.“ Ehe du  antworten oder gar protestieren kannst, ist das Gespräch beendet, keine  fünf Minuten später klingelt es an der Tür, vor die steht dein Bruder  nebst Gattin und den lieben Kleinen, zwei an der Zahl. 
 Vielleicht rufen  sie auch gar nicht erst an, sondern klingeln direkt, was du nicht  ignorieren kannst, da sie längst das Licht in deiner Wohnung gesehen  haben. Freude beteuernd legst du das Buch weg oder schaltest den  Fernseher aus („Wir stören doch hoffentlich nicht?“ - „Aber nein, gar  nicht...“) und widmest dich voll und ganz deinen lieben Gästen; das  machst du so gut, dass sich der angekündigte „Sprung“  zu einem  abendfüllenden Programm dehnt, so lange, bis die lieben Kleinen endlich  müde und quengelig werden.
Nicht ohne Grund sind die Begriffe „Besuch“ und „Heimsuchung“  miteinander verwandt. Auch eine gewisse klangliche Ähnlichkeit zwischen  „Besuch“ und „Vesuv“ ist nicht zu übersehen, überrollte dieser Vulkan  doch im Jahre 79 nach Christi die Stadt Pompeji mit der Gewalt eines  unangekündigten Verwandtschaftsbesuchs, der einem den Kühlschrank leer  und die Haare vom Kopf frisst.
Sollten Sie einmal in der Nähe sein, scheuen Sie sich nicht, bei mir vorbeizuschauen. Nur anklingeln muss nicht unbedingt sein. 
 
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