Der kranke Esel
„Bist du immer noch krank?“ fragte ich meinen lieben Freund Mustafa.
„Ja, wirklich schlimm. Es geht nicht vorbei. Das liegt nur an diesem Scheiß-Wetter“, sagte er und nieste.
„Kennt deine Mutter keine tollen Hausmittel, die dich von dieser Grippe erlösen?“
„Hör mir damit auf. Meine Großmutter hat mir so ein seltsames Gebräu aus der Türkei geschickt. Ich will gar nicht wissen, was das genau ist. Es sieht so widerlich aus, dass ich niemals nur in die Nähe davon kommen werde.“
„Ach, ist das die Oma, die glaubt, dass der Fernseher ein Teufelswerk ist?“
Er stöhnte.
„Ja, genau die. Sie versucht mich übrigens nicht nur mit Hilfe dieser ´Arznei´ zu heilen, sondern wendet ihre telepathischen Fähigkeiten an.“
„Haha, sagt sie also. Und? Wirkt es?“
„Selbstverständlich. Das Fieber ist um 0,05 zurückgegangen. Pah.“
Ich ging ins Wohnzimmer, in dem meine Mutter saß und in ihrem Buch der Wunder las. Das war ein Buch über das griechische „Lourdes“, dort wurden bereits viele Menschen gerettet, die glaubten und das Wasser aus den dortigen Quellen tranken bzw. sich damit wuschen. Ich erzählte ihr von dem Telefonat. Sie sang: Muuuuustaaaaaafaaaaaa. So wie sie das immer tat, wenn ich den Namen meines besten Freundes in den Mund nahm. Es war ihr Lieblingsname. Sie amüsierte sich über das Erzählte, sagte:
„Junge, ihr glaubt alle zu wenig. Deswegen gibt es Krankheit, Leid und Krieg auf der Welt.“
Nein, nicht schon wieder diese unnütze Diskussion, dachte ich mir, also antwortete ich ihr nicht. Sie legte ihre Lektüre weg, machte ein nachdenkliches Gesicht.
Ein Dorf im griechischen Nordwesten, in Epirus. Es liegt im Gebirge, eine öde Landschaft, hier gibt es vor allem Schafe und ein paar Obstplantagen. Das kleine Dorf nennt sich Eleftherohori, „freies Dorf“ übersetzt. Der alte Jannis besitzt ein Grundstück, das an das der Kirche im Dorf angrenzt. Er pflanzt Tomaten und Bohnen an. Eines Tages überlegt er sich, auf dem Feld stehend: Mensch, wenn ich diesen Steinzaun in Richtung der Kirche verschiebe, tut das doch keinem weh, und ich kann noch ein paar Bohnen mehr anbauen. So verschob er die Steine und setzte seinen Plan in die Tat um.
Sie rief mich zu sich ins Wohnzimmer.
„Ich muss mit dir reden“, sagte sie ernst.
„Was ist denn?“
„Ich glaube, ich werde an Ostern nach Griechenland fliegen. Ich werde meine Schwester besuchen und einen Besuch am heiligen Ort machen. Ich bringe geweihtes Wasser mit. Dann wirst du nie wieder krank!“
Sie sah jetzt ein wenig entspannt aus, als ob ihr ein Stein vom Herzen gefallen wäre, nachdem sie mir das gesagt hatte.
„Das werde ich sowieso nicht mehr! Es ist schon bereits zwei Jahre her. Du brauchst keine Angst zu haben.“
„Habe ich aber noch. Immer wenn ich spüre, dass du Schmerzen hast, sorge ich mich. Ich möchte Sicherheit, möchte etwas tun.“
„Das mit den Schmerzen wird das ganze Leben bleiben. Damit musst du dich abfinden. Ich tue es ja auch. Und für mich ist das alles schwieriger.“
Jetzt weinte sie, so wie sie es oft tat. Sie hatte keine Kraft mehr, sie hatte nur noch Schmerzen und Trauer in sich. Und diese brach ständig aus. Ich konnte sie nicht trösten, ich lief aus dem Zimmer.
Jannis schaute nach seinen Schafen und nach seinem Esel, den er dringend benötigte, wenn er in die große Stadt kommen wollte, Automobile gab es nicht, und auch die Busfahrt war zu teuer. Er bemerkte, dass dieses störrische Tier nichts fraß. Er machte sich Sorgen. Am nächsten Tag das gleiche Bild. Der Esel schien krank zu sein. Was hatte er nur? Der Veterinär kam nur einmal im Monat in das Dorf. Was sollte er nur machen? Er ging in die Kirche und betete um das Heil seines Tieres.
Er gab ihm das verschiedenste Futter, doch es half nichts. Der Esel wurde immer schwächer. Jannis hatte sich schon damit abgefunden, das er bald auf dieses Nutztier verzichten müsste.
Eines Nachts träumte er vom Heiligen Aï Jorgo. Der sprach mit ihm:
„Du weißt, dass du etwas Verwerfliches getan hast. Wenn du das wieder gut machst, dann wird ein Wunsch in Erfüllung gehen.“
Dann verschwand die Erscheinung wieder.
Jannis überlegte. Was könnte dieser Traum bedeuten? Dann ging er auf das Feld. Er verschob den Zaun wieder. Er ging in den Stall, setzte sich neben den Esel und wartete. Er konnte es kaum glauben. Das Vieh fraß wieder.
Sie stand an der Spüle und wusch Salat. Ich schaute sie an.
„Was ist, Kiriako?“
„Weißt du was? Mein Glaube ist anders als deiner. Ich glaube an mich. Glaube daran, dass ich es selbst in der Hand habe. Ich glaube, dass ich stark genug bin, mich gegen das Unglück zu stellen, es zu vermeiden, wenn ich dagegen gerüstet bin.“
Sie schnitt sich in den Finger.
„Aïïïïïïïïïïï, so hat Gott dich bestraft, dass du so ungläubig bist.“
Das Blut floss, sie beobachtete es zähneknirschend.
„Wieso? Ich blute nicht!“
„Ja, wirklich schlimm. Es geht nicht vorbei. Das liegt nur an diesem Scheiß-Wetter“, sagte er und nieste.
„Kennt deine Mutter keine tollen Hausmittel, die dich von dieser Grippe erlösen?“
„Hör mir damit auf. Meine Großmutter hat mir so ein seltsames Gebräu aus der Türkei geschickt. Ich will gar nicht wissen, was das genau ist. Es sieht so widerlich aus, dass ich niemals nur in die Nähe davon kommen werde.“
„Ach, ist das die Oma, die glaubt, dass der Fernseher ein Teufelswerk ist?“
Er stöhnte.
„Ja, genau die. Sie versucht mich übrigens nicht nur mit Hilfe dieser ´Arznei´ zu heilen, sondern wendet ihre telepathischen Fähigkeiten an.“
„Haha, sagt sie also. Und? Wirkt es?“
„Selbstverständlich. Das Fieber ist um 0,05 zurückgegangen. Pah.“
Ich ging ins Wohnzimmer, in dem meine Mutter saß und in ihrem Buch der Wunder las. Das war ein Buch über das griechische „Lourdes“, dort wurden bereits viele Menschen gerettet, die glaubten und das Wasser aus den dortigen Quellen tranken bzw. sich damit wuschen. Ich erzählte ihr von dem Telefonat. Sie sang: Muuuuustaaaaaafaaaaaa. So wie sie das immer tat, wenn ich den Namen meines besten Freundes in den Mund nahm. Es war ihr Lieblingsname. Sie amüsierte sich über das Erzählte, sagte:
„Junge, ihr glaubt alle zu wenig. Deswegen gibt es Krankheit, Leid und Krieg auf der Welt.“
Nein, nicht schon wieder diese unnütze Diskussion, dachte ich mir, also antwortete ich ihr nicht. Sie legte ihre Lektüre weg, machte ein nachdenkliches Gesicht.
Ein Dorf im griechischen Nordwesten, in Epirus. Es liegt im Gebirge, eine öde Landschaft, hier gibt es vor allem Schafe und ein paar Obstplantagen. Das kleine Dorf nennt sich Eleftherohori, „freies Dorf“ übersetzt. Der alte Jannis besitzt ein Grundstück, das an das der Kirche im Dorf angrenzt. Er pflanzt Tomaten und Bohnen an. Eines Tages überlegt er sich, auf dem Feld stehend: Mensch, wenn ich diesen Steinzaun in Richtung der Kirche verschiebe, tut das doch keinem weh, und ich kann noch ein paar Bohnen mehr anbauen. So verschob er die Steine und setzte seinen Plan in die Tat um.
Sie rief mich zu sich ins Wohnzimmer.
„Ich muss mit dir reden“, sagte sie ernst.
„Was ist denn?“
„Ich glaube, ich werde an Ostern nach Griechenland fliegen. Ich werde meine Schwester besuchen und einen Besuch am heiligen Ort machen. Ich bringe geweihtes Wasser mit. Dann wirst du nie wieder krank!“
Sie sah jetzt ein wenig entspannt aus, als ob ihr ein Stein vom Herzen gefallen wäre, nachdem sie mir das gesagt hatte.
„Das werde ich sowieso nicht mehr! Es ist schon bereits zwei Jahre her. Du brauchst keine Angst zu haben.“
„Habe ich aber noch. Immer wenn ich spüre, dass du Schmerzen hast, sorge ich mich. Ich möchte Sicherheit, möchte etwas tun.“
„Das mit den Schmerzen wird das ganze Leben bleiben. Damit musst du dich abfinden. Ich tue es ja auch. Und für mich ist das alles schwieriger.“
Jetzt weinte sie, so wie sie es oft tat. Sie hatte keine Kraft mehr, sie hatte nur noch Schmerzen und Trauer in sich. Und diese brach ständig aus. Ich konnte sie nicht trösten, ich lief aus dem Zimmer.
Jannis schaute nach seinen Schafen und nach seinem Esel, den er dringend benötigte, wenn er in die große Stadt kommen wollte, Automobile gab es nicht, und auch die Busfahrt war zu teuer. Er bemerkte, dass dieses störrische Tier nichts fraß. Er machte sich Sorgen. Am nächsten Tag das gleiche Bild. Der Esel schien krank zu sein. Was hatte er nur? Der Veterinär kam nur einmal im Monat in das Dorf. Was sollte er nur machen? Er ging in die Kirche und betete um das Heil seines Tieres.
Er gab ihm das verschiedenste Futter, doch es half nichts. Der Esel wurde immer schwächer. Jannis hatte sich schon damit abgefunden, das er bald auf dieses Nutztier verzichten müsste.
Eines Nachts träumte er vom Heiligen Aï Jorgo. Der sprach mit ihm:
„Du weißt, dass du etwas Verwerfliches getan hast. Wenn du das wieder gut machst, dann wird ein Wunsch in Erfüllung gehen.“
Dann verschwand die Erscheinung wieder.
Jannis überlegte. Was könnte dieser Traum bedeuten? Dann ging er auf das Feld. Er verschob den Zaun wieder. Er ging in den Stall, setzte sich neben den Esel und wartete. Er konnte es kaum glauben. Das Vieh fraß wieder.
Sie stand an der Spüle und wusch Salat. Ich schaute sie an.
„Was ist, Kiriako?“
„Weißt du was? Mein Glaube ist anders als deiner. Ich glaube an mich. Glaube daran, dass ich es selbst in der Hand habe. Ich glaube, dass ich stark genug bin, mich gegen das Unglück zu stellen, es zu vermeiden, wenn ich dagegen gerüstet bin.“
Sie schnitt sich in den Finger.
„Aïïïïïïïïïïï, so hat Gott dich bestraft, dass du so ungläubig bist.“
Das Blut floss, sie beobachtete es zähneknirschend.
„Wieso? Ich blute nicht!“
Mein Freund...
AntwortenLöschen...du versuchst Göttliches mit Hilfe deines dir eigenen staubkorngroßen Verstandes (menschlich halt) zu deuten.
Das ist gaaanz modisch und du liegst voll im Trend!
Aber:
Jung, hör auf deine Mutter :-)))