Nachts in Darmstadt mein neuer Freund

Nachts in Darmstadt... es hätte auch anderswo sein können. Vielleicht. Aber es hätte nicht einem anderen passieren können. Vermutlich. Glaube ich zumindest. Vielleicht lag es auch an diesem Abend, an dieser Nacht. Aber... ach, eigentlich war es so wie immer in solchen Nächten.
Es war am Heinerfest. Alle Heiner betrinken sich da. Auch die Odenwälder, die verhinderte Heiner sind. Und auch die, die keine Heiner sein wollen. Wie ich. Aber ich wollte feiern. Zuerst stand ich da, nichtsahnend. Philipp rannte mir in die Arme. Er wollte gleich weiter. Er hatte einen Unsinn getrieben. Einer seiner Lehrer stand plötzlich da, wollte die Polizei rufen. Philipp bat mich, schnell mit ihm zu flüchten. Aber das ist eigentlich eine andere Geschichte. Später war ich mit den Freunden von Philipp im Schlosskeller. Feiern nach dem Heinerfest. Und dann war drei Uhr morgens. Und ich dachte: Ach, da kannst du doch mal langsam Richtung Bahnhof schlappen. Und dann... dann fährt vielleicht ja auch eine Bahn?
Meinen iPod auf den Ohren, Sigur Ros taumeln durch meine Gehirnwindungen. Ich bin wie weggetreten. Denn... so müde... und so trunken... und so...
Ich höre ihn nicht, spüre ihn aber. Plötzlich läuft er neben mir, leicht schwankend. Er quatscht mich dumm von der Seite an. Doch ich verstehe erst mal nichts. Stöpsele meine Kopfhörer ab. "Rauchst du?" - "Nein, ich bin Nichtraucher. Sorry." - Kauf mir bitte Zigaretten!" - "Wieso? Kannst du das nicht selbst?" - "Nein, ich habe es schon versucht, es geht nicht!" Will dieser Mensch mich veräppeln?! Was ist da los? "Also, mein Gutster, genau vor mir ist eine Tankstelle. Da gehste rein, sagst, was du willst und gibst dem netten Mann das Geld. Ok?" - "Oh nein, ich kann nicht. Mach du es! Ich gebe dir das Geld!" Und tatsächlich: Er legt behutsam ein paar Münzen in meine Hand. Na, meinetwegen, denke ich mir. Wahrscheinlich weil ich sowieso benebelt bin. Er folgt mir. In der Tankstelle das absurde Bild: Ich stehe an der Theke, der Verkäufer - mit leichtem nervösen Zucken - gegenüber, er schaut mich schräg an, zieht leicht die rechte Augenbraue hoch. Ich sage: "Er möchte ein Päckchen..." Zum Typen gewandt: "Welche möchtest du?" - "Marlboro Light." Das auch noch, denke ich mir. "Also, er möchte ein Päckchen Marlboro Light." - "Gut", sagt der Verkäufer. Reicht mir das Päckchen rüber. Alles gut. Ich drücke die Zigarettenschachtel dem Typen in die Hand. Wir verlassen den Tankstellen-Shop. Der Typ schaut mich an. Er sagt: "Jetzt musst du mit mir rauchen." - "Ich rauche nach wie vor nicht!" Sein Blick wird leicht unruhig, aber eher kindlich-fordernd. Er sagt: "Doch, jetzt rauchst du eine mit mir. Du hast mir die Kippen gekauft, also rauchst du sie auch mit mir." Äh, was sollte ich darauf antworten. Ich bleibe verdutzt stehen. Dann: "Ja, ich weiß auch ein gutes Plätzchen dafür." Ich kriege es nun mit der Angst zu tun. Doch er meint eine Stelle, die sehr öffentlich ist, an der Straße, man kann sich schön anlehnen. Ich stehe da und rauche eine mit ihm. Dann kommen Leute dazu, schenken uns Bier. Gehen weiter. Der Typ beginnt merkwürdige Unterhaltungen. "Du bist doch schwul, oder?" - "Was geht es dich an? Willst du was von mir?" blaffe ich ihn an. "Nein, nein, ich habe eine Freundin. Aber ihr bester Freund ist schwul. Den finde ich cool. Alles perfekt, habe kein Problem, dass du schwul bist!" - "Wer sagt...." - "Äh, nein, alles cool, das ist schon perfekt so. Ich find dich toll. Du bist korrekt." - "Äh..." Diese Unterhaltung geht minutenlang weiter, ohne rechtes Ziel und ohne Sinn vor allem. Plötzlich steht Ahmet neben uns. Um kurz nach vier oder so. Was macht der denn hier? Er ist der Mann einer Bekannten. Er muss gerade an den Bahnhof. Wir laufen mit. Er muss nach Rödermark. Ah, da fährt der Zug an Frankfurt vorbei. Ich also mit. Der Typ heftet sich an mich. Er möchte auch in Frankfurt übernachten. Schließlich wohne er da auch. "Ja, dann mach doch." - "Nee, geht nicht, das Auto steht bei meiner Freundin, und die wohnt am anderen Ende Darmstadts." Ich frage mich kurz, wieso er dann hier am Bahnhof steht, doch komme auf keine Lösung. Dann geht es hin und her. Ich weiß gar nicht, welche unsinnigen Argumente er hatte. Und wie vernünftig ich darauf reagierte. Oder auch nicht. Denn schlussendlich sagte ich leicht zerknirscht: "Kannst ja auch bei mir pennen..." Im nächsten Moment bereue ich es. Er lächelte glücklich. Was habe ich da nur angestellt? Wir sitzen in der Bahn. Ahmet, der Typ, ich. Ahmet ist wach. Wir beiden anderen nicken ein. Kurz vor der Konstabler wache ich auf. "Ahmet, ich muss raus." - "Und dein Freund?" Oh ja, denke ich mir. Mein neuer Freund. Ich schüttle ihn leicht. Doch er merkt nichts. Meine Bahn hält. Ich springe schnell hinaus. Der Typ hat nichts bemerkt. Ahmet schüttelt drinnen den Kopf. Ich winke. Erleichtert. Der Typ schläft und fährt derweil woanders hin. Bis nach Rödermark? Mir egal. Ich bin nochmal davongekommen, denke ich mir....

Kommentare

  1. na, vielleicht wäre es ja doch noch ganz nett geworden ;-))

    gruss aus den bergen
    wolfgang

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  2. also, nee, sicher nicht. der war doch rotzevoll und gar nicht hübsch, und überhaupt! ich bin doch ein braver engel! :-)

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