Lektorieren Text R.O.T. - Teil 1

Ich sitze in ihrer Küche. Mir wird mulmig. Wir haben bisher alles richtig gemacht. Das Blind-Date lief überraschend gut. Mich hat nicht gestört, dass sie dauernd rot wird. Als sie fragte: „Willst du noch zu mir rauf, einen Kaffee trinken?“, wurde ihr Gesicht fleckig und unansehnlich. Ich sitze in ihrer knallroten Küche. Während ich die Wände betrachte, wird mir schummrig. Heiß. Ich bekomme keine Luft. Hechele. Ich bitte um Wasser. Schütte es in mich hinein. Ich kann mich nicht mehr auf ihre Worte konzentrieren. Ich schwitze. Ich friere. Mich schüttelt es. Kurz gelingt es mir, sie anzusehen. Rot. Ein anderer Ton als die Wände. Sie lassen mich nicht klar denken. Schwindel. Ich muss raus. Sie bekommt einen leichten Anflug von Panik. Fragt mich, was mit mir los sei. Ich stütze mich auf den Tisch, der dabei fast umfällt, stolpere über ihre Beine. Stoße mir den Kopf an der Lampe. Auf den Herd stützen, am Türrahmen festhalten. An der Flur-Wand entlang zur Haustür. Sie läuft irritiert hinterher. Fleckiges Gesicht. Sagt nichts, weint. Ich reiße die Tür auf. Stürze die Treppe hinunter. Was ist mit mir los? Ein Taxi. Bin bald zuhause. Im Bett. Falle in einen traumlosen Schlaf.

SMS: „Tut mir Leid! Ich bin eine Erythrophobin. Wollte dich nicht erschrecken. Kriege ich noch eine Chance bei dir?“ – „Es lag nicht an dir. Tut mir Leid. Werden uns wiedersehen. Bis dann!“

Im Büro werde ich nach meinem Date gefragt. Gut, sage ich. Sie wollen mehr hören. Machen Gesten dabei. Hast du? Nein. Aber? Es war unser erstes Date. Die Frauen freuen sich. Die Männer lachen sich ins Fäustchen. Versager. Ja? Was war mit mir los?
Als mein Kollege alleine mit mir ist, will er mehr wissen. Na? Nichts, nichts. Wir sehen uns wieder. Ach. Er sieht mich merkwürdig an. Ja, bis zu der Küche war ich souverän. Nein, ich finde sie nicht hübsch. Aber dieses Rotwerden hatte etwas Liebenswertes an sich. Ihre Art. Dieses Alternative. Sie ist ein bisschen neben der Spur. Sie ist anders. Emotional. Erzählt viel. Lustiges. Ich höre gerne zu. Ich bin anders.
Heute Morgen war alles in Ordnung. Soll ich zum Arzt? Nein. Vielleicht lag es an ihr. Ganz sicher. Mir war alles zu viel. Bestimmt hat sie ihre Nervosität auf mich übertragen. Und dann dieses schreckliche Rot in ihrer Küche. Nein. Ich sollte mich mit einer Anderen treffen. Ja, das mache ich.

Chat: „Heute Abend also?“ – „Ja, gerne.“ – „Um acht in der Luna Bar?“ – „Ok.“ – „Ja, sehr gut, dann nehmen wir die Happy Hour noch mit! “

Dieses Date gefällt mir. Die Frau ist blond. Hat eine gute Figur. Sie redet auch auf Anhieb. Wieso bestellt sie eine „Red Bitch“? Sie erzählt gerade von ihrem Beruf. Dann kommt der Cocktail. Ich starre ihn an. Erneut dieser Schwindel. Ich schütte meinen „Long Island Iced Tea“ herunter. Heiß. Kalt. Was ist nur los? Sie schaut mich an. Hält kurz meine Hand. „Alles klar bei dir?“ Ja, sage ich zu ihr. Sie erzählt weiter. Trinkt. Viel. Mir wird nicht besser. Schummrig. Ich höre noch zu, kann folgen. Bald bemerkt sie es nicht mehr. Sie ist betrunken, wird lustiger. Emotionaler. Wieder eine „Red Bitch“. Die Farbe ist grässlich. Ich rufe ihr ein Taxi, denn sie kann kaum noch auf ihren Füßen stehen und lallt.

Chat: „Oh, tut mir Leid. Was denkst du jetzt von mir?! Eine Frau, die sich betrinkt?! Möchtest du mich überhaupt wiedersehen?“ – „Na klar, doch. Aber erst nächste Woche. Ich muss zu meiner Mutter fahren am Wochenende.“


(Fortsetzung folgt)

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