Meine Erlebnisse als Pädagoge (1-5)


Meine Erlebnisse als Pädagoge (1):
Ein schwuler Pädagoge (ich) macht einen Ausflug mit seinen Schüler/innen (7.Klasse) in die Moschee nach Darmstadt. Ein vorwitziger Schüler (Muslim) meldet sich und fragt die Dame, die die Führung macht: "Wie ist das eigentlich mit Homosexualität im Islam?" Sie schaut ihn irritiert und unsicher an, sagt dann so etwas wie: "Ja, also im Koran steht, dass das verboten ist, also ..."
 Schaut mich der belustigte Schüler an und meint: "Pech gehabt, was, Jannis?!" Ich verdrehe die Augen und denke amüsiert: Mistkerl!
 Später sitzen wir im Freizeitraum der Moschee-Gemeinde, die Kinder spielen, die Dame wendet sich an mich, sagt: "Also, vorhin, also, das tut mir Leid, also, das ist ja nicht meine persönliche Meinung, ich habe gegen diese Leute nichts." Und ich denke: Lady, das macht es jetzt nicht besser. Aber sage: "Schon gut! War sonst eine sehr informative Führung, danke!" und lächle sie allerliebst an.

Meine Erlebnisse als Pädagoge (2 a):

Es ist Sonntag, keine Schulzeit, aber ich treffe mich trotzdem mit den Schülern zum Ausflug, denn das wichtige Pokalspiel der Lilien gegen die Hertha aus Berlin steht an. Die Zeit ist knapp, die Einverständniserklärungen eingesammelt - doch, halt! Da ist eine zu viel. Sag mal, soundso, du hattest dich nicht angemeldet, ich habe kein Ticket für dich. Ja, aber ... wir könnten noch am Ticketshop in der Stadt vorbei, noch ein Ticket holen. Der gelassene Pädagoge, der 90 Minuten Pokal-Gekicke eigentlich nicht ganz so spannend findet, wendet ein: Dann kommen wir zu spät. Macht nichts, sagen die noch gelasseneren Schüler. Also, Umweg über den Ticketshop und es kommt, wie es kommen musste: Wir schaffen es zwar noch rechtzeitig zum Anpfiff, aber nicht zu unserem Block. Macht nichts, sagen die coolen Schüler, dann gehen wir zu diesem Block da, sieht nicht so voll aus, und zeigen auf den gegnerischen Fanblock. Ja, aber da stehen die Gegner, sage ich. Macht nichts, macht nichts, erwidern sie. Dann stellen wir uns eben zu den Hertha BSC-Fans, da macht auch ein Türke mit. Neben uns stehen ebenso KSC-Fans (befreundet mit den Berlinern). Wir sind alle Fußball-Freunde und ganz easy. Die Lilien verlieren ganz knapp, aber macht ja nichts, sieh haben ja gekämpft, sagen die Schüler sportlich. Einer meiner Schüler steht ganz nah am Gitter, die Lilien Spieler laufen vorbei und er schaut sie strahlend an: "Kriege ich dein Trikot, Alta?" ruft er einem von ihnen zu. Der Darmstädter ist ganz verblüfft, dass ein Hertha-Fan sein Trikot möchte und reißt es begeistert vom Leib und schmeißt es über das Gitter. Mein Schüler überglücklich und am nächsten Tag der Held der Schule. 

Meine Erlebnisse als Pädagoge (2 b):
Nach dem Fußballspiel gehen wir gechillt Richtung Tram, plötzlich rennen gefühlt zwanzig Polizisten entschlossen an uns vorbei. Wir schauen nach vorne, und, ach ja, ein Pulk von Hooligans kloppt sich. Wir bleiben gelassen, versuchen außen rum zu gehen, schaffen es unversehrt in diese Tram mit Millionen Fußballfans. In meinem Kopf haben sich mittlerweile mehrere Szenarien abgespielt, was am nächsten Tag im Darmstädter Echo stehen könnte: "Schüler und Sozialarbeiter liegen nach dem Pokalspiel verletzt im Krankenhaus" undsowas. Ein Schüler schaut mich an, fragt mich, ob ich Single sei. Gedankenverloren nicke ich. Dann ein anderer: "Schau mal, der da vorne sieht doch nett aus. Sollen wir den für dich anquatschen?" Ich verneine irritiert. "Doch, doch, das machen wir!", sagen sie im Chor. Ich fuchtele mit den Armen, sage etwas zu laut: "Nein, tut es nicht!" Flüstere dann: "Woher wollt ihr überhaupt wissen, dass der schwul ist?!" Sie beachten mich gar nicht und quatschen ihn natürlich an.

Das Ende vom Lied: Sie unterhalten sich prächtigst mit dem guten Mann über das Spiel und das Leben an sich und er ist viel zu beschäftigt damit, die gut aussehenden Jungs anzuhimmeln. Mich beachtet er wenig. Aber nett war er. 

Meine Erlebnisse als Pädagoge (3):
Drei Schülerinnen holten mich regelmäßig zum Mittagessen im Büro ab. Sie standen dann im Türrahmen und fragten: "Jaaaanniiiiiiisss, hast du Zeit?"
Eines Tages fragte eine der drei Grazien: "Sag mal, Jaaaanniiiiiissss, wie alt bist du eigentlich?" Ich antwortete: "32." Darauf rief sie aus: "Boah, dann könntest du ja meine Mutter sein!!!" 

Ich lachte laut auf und schaute sie belustigt an. Kichernd erklärte sie: "Ich meinte, hihi, dass du ja so alt wie meine Mutter bist!"

Meine Erlebnisse als Pädagoge (4):
Beliebt als Ausflugsziel war das Miramar in Weinheim, immer wieder wünschten sich die Schüler zu diesem Spaßbad zu fahren. Eines Tages liefen wir also zu unserem Gleis am Darmstädter Bahnhof, zwei Zehntklässler vor mir. Der Pädagoge ist etwas irritiert, denn zwei Menschen und drei Taschen? Da stimmt doch etwas nicht. Ich frage also nach. Die Antwort: In der Tasche sei eine Schischa. Ich etwas perplex: "Wo wollt ihr denn da rauchen, das ist ein Hallenbad? Und überhaupt: Rauchen?!" Sie nuschelten irgendwas von "der Pool draußen und da ist ja auch eine Wiese und so": Ich denke nur: Ähm, 15 Grad, die werden ja wohl nicht in Badehosen draußen sitzen und Schischa rauchen. Und die Bademeister!
Später rutsche ich gefühlte 100 Mal mit den jüngeren Schülern um die Wette. Denke, ach, ich schaue mal nach den Älteren. Die ich natürlich nirgends finde. Also, Außenpool. Nix. Wiese? Oh ja, ich bibbere vor Kälte, aber sehe sie auf Badetüchern chillend. Sie rauchen. Also, zwei Möglichkeiten. a) Ich raste aus, beende diese Aktion sofort und komme mir selbst etwas uncool vor oder b) setze mich dazu, diskutiere über die Gefahren des Rauchens, insbesondere bei der Schischa, höre mir ihre Argumente und beende es erst dann. Allerdings wäre ich nicht ich, wenn ich nicht inkonsequent und leicht verführbar wäre. Ob ich denn selbst schon mal probiert hätte. Und es kommt wie es kommen musste. Ich ziehe ein paar Mal, mir ist schwindelig davon. Und dann säusele ich vor mich hin: Sobald es mir gut geht, packt ihr zusammen und wir gehen schwimmen, ne?! Peace yo!

Meine Erlebnisse als Pädagoge (5):
Ich schlug bei der Einteilung zu meinem ersten Schulpraktikum die Hände über den Kopf zusammen: eine 2.Klasse, Brennpunktschule, Deutsch und Mathe (!) - ich hatte den Schwerpunkt Hauptschule gewählt und dachte: die sind doch noch so klein und chaotisch! 
Dann kam aber beim zweiten Termin der kleine bosnische Junge E. zu mir und fragte: "Wann unterrichtest du mich, Herr Plastargias?" (und er sprach den Namen fehlerfrei!). 
Ich durfte in der großen Pause immer Fußball mit ihm spielen, und als ich ihn dann in Deutsch hatte, fiel meine anleitende Lehrerin hinten fast vom Stuhl. 
Hinterher sagte sie zu mir: "E. hat sich in anderthalb Jahren kein einziges Mal im Deutsch-Unterricht gemeldet. Und jetzt bei Ihnen ... ich bin immer noch fassungslos. Und dann so etwas Persönliches!" Er hatte eine schreckliche Geschichte, die er im Krieg erlebt hatte, erzählt.

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