Orfeas - ein schönes Projekt mit Fotos und Text
Vor anderthalb Jahren meldete sich mein alter Freund Timm bei mir und fragte mich, ob ich Lust auf eine Zusammenarbeit mit seinem Kumpel Victor habe. Damals wusste ich noch nicht, auf was es hinauslaufen würde, ich wusste nicht, dass ich mit den Fotos von ihm, aber auch mit diesem Menschen - Victor Kassis - sehr viel anfangen könnte.
Das Projekt bestand darin, zu seinen drei Fotoreihen mit jeweils circa zehn Bildern Texte zu schreiben. Dabei war anfangs geplant, für jede Reihe eine andere Geschichte zu verfassen. Doch dann tauchte ORFEAS in meinen Gedanken auf. Ich sah ihn ganz plötzlich vor mir, wie er in den Himmel blickt und mit den Wolken spricht.
Orfeas mit seinen acht Jahren muss schnell erwachsen werden, weil seine Mutter schwer depressiv und sein Vater ein Alkoholiker ist und sie beide sich nicht um ihn kümmern. Er ist derjenige, der die Familie zusammenhält, dafür sorgt, dass das Leben immer weiter geht. Ohne ein Wort in der Geschichte sagen zu dürfen, erzählen sie davon, wie zwei Menschen fremd in ein Land kommen, das sie niemals ihr Zuhause nennen werden, die an ihren Sehnsüchten und geplatzten Träumen zugrunde gehen. Orfeas wird in seiner Dunkelheit und Stille alleine gelassen. Wenn die anderen Kinder von ihren Ausflügen, Museumsbesuchen, Reisen und Feiern erzählen, schweigt er. Er bekommt keinen Input, ihm wird kein Ratschlag an die Hand gegeben, kein Vorschlag, sein Leben zu leben.
Orfeas wächst aber über sich hinaus und zwar auf mehreren Ebenen, und eine davon ist, dass er nicht nur Platz in einer Kurzgeschichte braucht, sondern mehr erleben, sich weiterentwickeln möchte. Er möchte, dass die Erzählung nur über ihn ist. Die Fotos von Victor passen zu Orfeas oder er passt zu ihnen. Jedenfalls lebt er weiter, verlässt seinen Balkon, auf dem er in den Himmel schaut, sich wegträumt.
Orfeas ist eine fresh geschriebene Coming-of-Age-Geschichte, in der wir einen Jungen auf dem Weg zum Erwachsenwerden begleiten dürfen, einen Jungen, der anders tickt - vielleicht weil niemand da war, der ihm sagen konnte, wie er sich entwickeln soll.
ORFEAS, 72 Seiten Broschur, Text: Jannis Plastargias, Lektorat: Timm Faust, Fotos und Herstellung: Victor Kassis / Druck und Bindung: buch.one
Wer interessiert daran ist, kann sich gerne bei mir melden.
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